Johann Kräftner (Hrsg.): Oasen der Stille. Die großen Landschaftsgärten in Mitteleuropa (Wien 2008)

Von 6. Juni bis 18. November 2008 zeigte das Liechtenstein Museum im Gartenpalais Liechtenstein in der Wiener Rossau eine Ausstellung über Landschaftsgärten in Mitteleuropa. Ausgehend von frühen Beispielen, wie etwa dem Wiener Prater, spannt sich der Bogen von den Gärten im Wienerwald (z.B. Gallitzinberg, Neuwaldegg, Hinterbrühl) über die Anlagen von Schönau an der Triesting, Bruck/Leitha und Eisenstadt bis zu den großen liechtensteinischen Landschaftsgärten in Niederösterreich und in Südmähren.

Die Ausstellung zeichnete in über 200 Gemälden, Grafiken, Plänen und Skulpturen die Geschichte der Landschaftsgärten nach. Bilder von Bellotto, Hackert, Rebell, Waldmüller, Alt oder Höger vermitteln die große Bandbreite dieses kulturhistorischen Themas, das eng mit der Philosophie und Geschichte der Zeit zwischen 1760 und 1848 verwoben ist. So gab J. J. Rousseau mit der Devise „Zurück zur Natur“ einen wichtigen Startschuss für die Bewegung des Landschaftsgartens in Kontinentaleuropa. Wie Johann Kräftner, Direktor des Liechtenstein Museum Wien im Vorwort des Ausstellungskataloges schreibt, wurden „ganze Herrschaftsländereien [...] an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert in diese Paradiese aus zweiter Hand verwandelt, getragen von dem Gedanken, wie das Schöne und das Nützliche einander am besten begegnen könnten.“ (S. 11).

Ausgehend vom letzten Viertel des 18. bis weit in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein begannen die meisten Familien des Hochadels ihre streng formalen barocken Gartenanlagen im neuen „englischen Stil“ umzuformen und Landschaftsgärten anzulegen. Später erfasste der Trend auch das aufstrebende Großbürgertum, wie die Beispiele Peter von Braun und Franz von Mack in der Umgebung Wiens zeigen.

Den größten Garten Mitteleuropas besaß die Familie Liechtenstein zwischen ihren Besitzungen in Feldsberg (Valtice) und Eisgrub (Lednice) in Südmähren. Vor allem Johann I. von Liechtenstein (1760-1836) investierte viel Zeit und Geld in die Verschönerung und verbesserte Ökonomie seiner Besitzungen in Niederösterreich und Südmähren.

Von den ursprünglichen Gärten, die im Ausstellungskatalog gezeigt werden, wurden einige im Laufe der letzten beiden Jahrhunderte stark verändert, einige gingen in ihrer ursprünglichen Ausformung gänzlich verloren. Der Katalog hilft, die verlorenen bzw. verborgenen „Kunstlandschaften“ (wieder) zu entdecken.

Im Katalog werden die Vorreiteranlagen und Vorbilder bzw. österreichische Landschaftsgärten thematisiert. Einige Kapitel handeln vom Thema der Liechtensteinischen Besitzungen: Mödling, Hinterbrühl, Rasumofsky, Adamsthal, Greifenstein und Eisgrub/Feldsberg.

Interessant sind zwei Pläne aus dem Hausarchiv der Liechtensteins, die den Garten der Liechtensteins in der Rossau betreffen: Einerseits ist dies die erstmals publizierte Federzeichnung „Palais Liechtenstein in der Rossau (Grundriss von Garten, Palais und Hof)“ aus der Zeit um 1687, die kürzlich in den Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein aufgefunden wurde. Im Jahr 1687 schloss Fürst Liechtenstein die Ankäufe von Grundstücken ab. Andererseits ist dies ein Plan zur Umgestaltung des Liechtensteingartens in der Rossau von Philip Prohaska um 1801: Der Landschaftsgarten, der den barocken Garten ersetzen soll, ist mit einem extrem dichten Wegenetz versehen. Die „Brezelwege“ nehmen auf diesem Plan mehr als ein Drittel (!) der gesamten Gartenfläche ein.

Besonders interessant sind die 24 (von 30) Gouachen von Ferdinand Runk (1764-1834), die im Katalog abgedruckt sind. Runk hat im Auftrag des Fürsten von Liechtenstein alle Besitzungen gemalt.

Die Insel Stein und die Villa Hamilton in den Wörlitzer Anlagen sind mit zwei bisher in Fachpublikationen sehr selten publizierten Aquarellen von Karl Kunz aus dem Jahr 1797 vertreten. Sie stammen aus den Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein.

Ein besonderes Werk ist der im Jahr 2000 wiederaufgefundene, seit 2001 im Besitz der Albertina befindliche und inzwischen restaurierte Plan zur Anlage Laxenburg von Peter Joseph Lenné aus 1815 (siehe dazu die Beiträge von Géza Hajós und Klaus von Krosigk, Die Gartenkunst Heft 1/2001).

Erstmals wird ein Schnitt durch den „Tempel der Nacht“ abgedruckt, der von Architekt Johann Ferdinand Hetzendorf von Hohenberg um 1800 für Freiherrn Peter von Braun für dessen Anlage in Schönau an der Triesting (südlich von Wien) entworfen und gebaut wurde. Leider ist der Tempel nur mehr in Resten erhalten. Der Schnitt und das ebenfalls abgebildete Aquatina-Bild „Der Tempel der Nacht“ von Benedikt Piringer (um 1820, schon mehrmals publiziert) verweisen auf ein mögliches Vorbild, die Sala Rotonda in den Vatikanischen Museen (siehe dazu den Stich „Sala Rotonda“ in der Neuauflage von Goethes Italienischer Reise 1786/1925).

Einige bisher unklare Zuschreibungen in der Fachliteratur können nun revidiert bzw. neue Verbindungen aufgezeigt werden: So wird in Gerd-Helge Vogels ausführlichem vierteiligen Aufsatz „Wunderland Cathay. Chinoise Architekturen in Europa“ (Die Gartenkunst 1/2004-2/2005) der Kupferstich „Chinesisches Lusthaus im Fürstlichen Liechtensteinschen Park zu Eisgrub“ (Janscha/Ziegler) als ein von einem unbekannten Künstler erstellter Stich unter dem Titel „Das Chinesische Lusthaus des Prinzen Liechtenstein in Wien-Hütteldorf“ bezeichnet (Vogel, Teil 4, S. 400).

Der Kupferstich „Platz der grossen Vorstellungen im Prater“ (unbekannter Künstler, 19. Jahrhundert) erinnert frappant an den Kupferstich „Der Feuerwerks Platz im Prater“ von Janscha/Ziegler aus 1783 (siehe Ausstellungskatalog „Schöne Aussichten. Die berühmten Wien-Bilder des Verlags Artaria, 2007, S. 119).

Der Ausstellungskatalog umfasst mehrere Einleitungsartikel und fasst in kurzen, kurzweiligen Texten die jeweiligen Themen der Ausstellung zusammen. Der Katalogteil umfasst 247 Abbildungen mit den jeweiligen Detailinformationen. Die Abbildungen sind im Katalogteil in kleinformatiger Komplettansicht, im Textteil oftmals nur als großformatige Ausschnitte abgebildet.

Im Text zu Laxenburg hat sich eine kleine Ungenauigkeit eingeschlichen. Der Satz „Schon 1798 war nach dem Ankauf eines grossen [sic] Stückes Land im Osten in Richtung Achau mit dem Bau des Ritterschlosses, der Nachempfindung der Habsburg in der Schweiz, begonnen worden“ (S. 72) erweckt den Eindruck, dass die Franzensburg die Kopie der Habsburg (Kanton Aargau/Schweiz) sei. Tatsächlich wurde die Idee, oberhalb der Grotte in Laxenburg eine verkleinerte Habsburg zu errichten, spätestens 1821 endgültig aufgegeben und daher nie verwirklicht.

Insgesamt betrachtet ist der Katalog ein weiterer Schritt zur Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit für historische Garten- und Parkanlagen. Wie so oft gilt das Motto: Nur was man kennt, schützt man. In diesem Sinn wünsche ich mir weitere Ausstellungen und Ausstellungskataloge dieser Art, in denen Hausarchive ihre Schätze der breiten Öffentlichkeit präsentieren.

Dipl.-Ing. Christian Hlavac

Johann Kräftner (Hrsg.): Oasen der Stille. Die großen Landschaftsgärten in Mitteleuropa. Mit Beiträgen von Alexandra Hanzl, Stefan Körner, Johann Kräftner, Claudia Lehner-Jobst. Ausstellungskatalog Liechtenstein Museum Wien. Christian Brandstätter Verlag. Wien 2008. 166 Seiten, ISBN 978-3-85033-231-6, EUR 18,00