De Wereld is een Tuin : Hans Vredeman de Vries en de Tuinkunst van de Renaissance.(Amsterdam 2002)

Wer sich nur irgend einmal mit Gartengeschichte befasst hat, ist den „Hortorum formae“ des Hans Vredeman de Vries schon einmal begegnet. Pedanten zitieren den vollen, sehr langen lateinischen Titel, Nichtlateiner sagen „das Hortorum“, aber jeder hat eine Vorstellung von den darin enthaltenen detailreichen Vogelschauansichten idealer Renaissancegärten. Genaue Informationen über Autor und Werk sind allerdings weniger verbreitet. Mit Freuden erfuhr man daher, dass im Herbst 2002 eine Vredeman-Ausstellung in Antwerpen eröffnete. Der Katalog erschien bei Hirmer sogar auf Deutsch, weil die Ausstellung auch nach Deutschland ging. Es könnte aber übersehen werden, dass es zwei Ausstellungen in Antwerpen gab und auch zwei Kataloge. Im folgenden ist nur die Rede von dem Katalog der Gartenausstellung im Rubenshaus, der leider nicht auf Deutsch, sondern nur auf Holländisch erschien.

Herausgeber ist Peter Fuhring, Kunsthistoriker in Paris und ausgewiesener Grafikkenner. Der Katalog enthält zwei Aufsätze von ihm und je einen von Krista De Jonge (Professorin für Architekturgeschichte in Leuven), Chris De Maegd (Gartendenkmalpfleger in Brüssel) und Ursula Härting (freie Kunsthistorikerin in Hamm).

Der erste Beitrag von Fuhring, „Gärten im Werk von Vredeman de Vries“, behandelt die „Hortorum formae“ und andere Gartendarstellungen des Künstlers in gestochener, gezeichneter und gemalter Form. Es wird klargestellt, dass die Originalserie von 1583 aus 20 Tafeln besteht, eine zweite Serie von 8 Tafeln um 1587 herauskam und es drei Auflagen gibt, von denen die dritte 3 Tafeln mehr enthält, außerdem drei Nachdrucke. Fuhring weist nach, dass die aufgrund der rätselhaften  Bildunterschriften oft unterstellte Programmatik der Blätter nicht erfüllt wird und nicht wirklich Gärten in den vier Säulenordnungen dargestellt sind. Weiter beschreibt er das publizistische Umfeld, in dem das Werk seinerzeit als erstes ausschließlich der Gartenkunst gewidmetes Druckwerk erschien und die Einflüsse, die davon auf Malerei und Grafik ausgegangen sind. Noch nie vereinigt waren die wenigen erhaltenen Originalzeichnungen Vredemans zu Gärten, die heute in alle Welt verstreut sind. Wir sehen mit Erstaunen, dass er schon 1576 Berceaux naturels im Sinne Dezallier d’Argenvilles zeichnete (Abb. 38).

In Fuhrings zweitem Aufsatz, „Kolorierte Stiche im Werk von Vredeman de Vries“ geht er erstmals dem Umstand nach, dass einige Architekturstichwerke in ihrer Zeit aufwendig koloriert wurden. Dies geschah häufiger als bisher angenommen, weil solche Exemplare nur sehr fragmentarisch überliefert sind. Die Technik mit Höhung in Weiß und Gold erinnert an die der mittelalterlichen Buchmalerei und wurde wegen der hohen Kosten nur auf Bestellung ausgeführt. Fuhring beschreibt die Funktion solcher Blätter um 1600 in wohlhabenden und gelehrten Haushalten. Etliche von ihnen sind farbig abgebildet.

Der Aufsatz von Krista De Jonge behandelt „Vredeman und die europäische Gartenkunst.“ Mariemont war hiernach der einzige bedeutende Garten in den katholischen Niederlanden, der als reales Vorbild für Vredemans Phantasien gelten könnte. Weiter werden Brunnen in Boussu und anderen Orten als mögliche Anregungen für die von Vredeman vielfach dargestellten kunstvollen Brunnen vorgestellt. Die ebenfalls seinerzeit zahlreich vorhandenen Grotten fanden hingegen keinen Niederschlag in Vredemans Werk, auch nicht die vorhandenen grünen Galerien, Alleen und Sichtachsen, die bereits über die von Vredeman vertretene Stilstufe des Gartens hinauswiesen. Die Autorin stellt ernüchternd fest, dass Vredemans Gärten nicht in allen Zügen modern waren - Bezüge auf Haus und Landschaft kommen kaum vor - und dass sein Einfluss nicht deutlich zu bestimmen ist.

Chris De Maegds Aufsatz heißt „Gartenbesitz, Gärten und Gärtner : Ein Blick in die Praxis der Zeit von Vredeman de Vries.“ Er verwendet besonders Briefwechsel zwischen Gartenliebhabern und Botanikern, wenn er eine große Zahl zumindest bei uns weitestgehend noch unbekannter, aber für die europäische Gartengeschichte höchst bedeutender Gärten und Gartenbesitzer aufführt. Systematisch geht der Autor auch auf die Grammatik der damaligen Gärten, auf den damaligen Berufsstand des Gärtners und den Charakter der damaligen Gärten als Mikrokosmos ein. Der Entwurf, so findet er u.a. heraus, war Sache nicht etwa des Gärtners, sondern des Auftraggebers. Der Gärtner hatte dagegen auch das Destillieren der Gartenfrüchte zu übernehmen. Der Autor beschreibt auch die Elemente des Renaissancegartens und ihre damals noch schwankenden Terminologie. Ein Fehler unterläuft ihm bei den alten Pflanzennamen. Es gab noch keine „Chamaecyparis“ (S. 78). De Maegd bezieht sich vermutlich auf den alten Namen „Chamaecyparissus“, das ist Santolina (Heiligenkraut).

Ursula Härting behandelt „Aufgabe, Nutzung und Gestalt der niederländischen Gärten im 16. Jahrhundert.“ Hier geht es um die Rolle des Renaissancegartens als Metapher. Sie beginnt mit biblischen Geschichten, Marien- und Lustsymbolik, die bei Vredeman selbst zwar nicht zu verfolgen sind, aber u.a. in einer ähnlichen Gartenserie von Pieter IV van den Borcht. Behandelt wird weiterhin der Garten als politische Metapher, als Vanitassymbol, als Pflanzensammlung, als repräsentativer Rückzugsraum fürstlicher Witwen, als Sinnbild ordentlicher Erziehung und als Verkörperung des antiken Ideals vom Landsitz. In diesem Zusammenhang bezeichnet die Autorin Vredemans Gartenserien als ein erfolgreiches Projekt, das vom Verleger gezielt auf den Bedarf von Besitzer vornehmer Landsitze in den Niederlanden zugeschnitten gewesen sei. Aus der realen Situation alter Wasserburgen, die nicht ohne weiteres modernisierbar waren, erklärt sie den fehlenden Zusammenhang zwischen Haus und Garten in Vredemans Entwürfen.

Das Buch versammelt eine Vielzahl profunder Studien, die einen guten Überblick über die aktuelle Kenntnis von Renaissancegärten geben. Selbstverständlich besteht weiter Forschungsbedarf. Die Einflüsse Vredemans auf die Gartenkunst sind noch nicht wirklich geklärt. Auch werden die gärtnerisch-praktischen Aspekte nicht vollends befriedigend erläutert. Wie hat man sich die bei Vredeman undifferenziert und von den Koloristen in verschiedenen Grüntönen bemalten Beete bepflanzt vorzustellen? Gab es Rasen? Hat es wirklich solch diffizilen grünen Laubengänge und Pavillons, wie Vredeman darstellt, gegeben, und wie waren sie hergestellt? Oder sind die Entwürfe nicht zum Großteil modische Phantasien, an deren buchstäbliche Ausführung nicht ernsthaft zu denken war wie bei den Abbildungen in der Hypnerotomachia, bei Vredemans Grotesken oder später bei den Ornamentstichen des Rokoko?

Das Layout von Griet Van Haute ist außergewöhnlich ansprechend und der Druck ausgezeichnet. Bei der Redaktion sind einige kleine Fehler unterlaufen wie Bildunterschriften mit unzutreffenden Jahreszahlen und fehlerhafte Transkriptionen von Buchtiteln. Hierüber wird man aber angesichts des überaus inhaltsreichen und schönen Bandes gern hinwegsehen.

Clemens Alexander Wimmer

De Wereld is een Tuin : Hans Vredeman de Vries en de Tuinkunst van de Renaissance. Gent und Amsterdam : Ludion, 2002. - 124 S. : Ill. - ISBN 90-5544-420-0. - Euro 29,50