Gröning, Gert und Uwe Schneider: Stolo. Bibliographische Findmittel zur Gartenkultur, Band 2: Schweiz (Worms 2010)

Vor nicht allzu langer Zeit wurde an dieser Stelle der erste der auf zehn Bände kon­zipierten Reihe vorgestellt; zu deren eigentümlichen Namen Stolo wurde damals nichts angedeutet: es handelt sich um einen römischen Bauern und Baumzüchter im ersten vorchristlichen Jahrhundert, den das Renaissance-Traktat Architectura Rec­reationis Joseph Furttenbachs zitiert. Sogenannte Stolonen als Ableger und Ausläu­fer der Pflanzen im übertragenen Sinne auf die Gartenliteratur angewendet – aber das Bild geht nicht auf, da Stolo die ihm überflüssigen Schösslinge als unnötig unnützes Nebengewächs abhieb... Die in der Bibliografie versammelten Titel sind m. E. alles andere als nutzlos!

Nun zu Band zwei, der sich der Schweiz widmet. Erstaunlich, dass gerade das kleine Alpenland, dessen Gartenkultur ja alles andere als epochal oder rezeptions­geschichtlich, geschweige denn als in dieser Sparte bekannt gilt, bereits an zweiter Stelle auftritt. War der Grund dafür die vermeintlich überschaubare Literatur? In der vorteilhaften Lage, gerade an einem Artikel über Berner Gärten des 19. und 20. Jahrhunderts zu arbeiten, war es dem Schreibenden vergönnt, die 413 Seiten an ei­nigen Abenden minutiös durchzugehen, um allenfalls Neues und Unbekanntes zu entdecken. Anfangs gleich gegliedert wie Band 1, dann aber doch eigenständig: Methodik (I), allgemeine (II) und spezifische Hilfsmittel (III), Handbücher und Über­blickswerke sowie Beiträge zu speziellen Themen (IV), Freiraumplanerische Einzel­aufgaben – vom Bauerngarten bis zum Zoo (IV sic!), Traktate und Handbücher(V), Gärteninventare, Führer (V), (VI) und Organisationen Zeitschriften und Reihen (VIII), Internet-Ressourcen (IX), Organisationen etc. (X). Und hier beginnt das Chaos: Ka­pitel IV als Überschrift zwei mal vorhanden... Das Korrekturenlesen hat offenbar ver­sagt, was auch andernorts leider immer wieder auffällt (nur ein Beispiel von unzähli­gen soll genügen: S. 49 heisst der zitierte Autor „Clemens Alexander Wimmer“ und nicht „Clemes“. In der Tat alles äusserliche Winzigkeiten, die aber auf die Dauer ver­ärgern und eine Suche in einem Bibliothekskatalog allenfalls verunmöglichen kön­nen, gerade bei Namen und Ortsangaben, bei denen man sich auf eine exakte Wiedergabe verlassen muss. Jedoch muss auch hier wieder mit allem Nachdruck wie schon bei Band 1 angemerkt werden, dass eine Bibliografie diesen Ausmasses, die nur gedruckt vorliegt, ohne angebotene online-Suche heute total veraltet daherkommt und eigentlich für eine optimale Auswertung nutzlos bleibt. Denn bei einer zweiten Recherche fängt die Suche mühsam von vorne an – der Benutzer legt sich am besten gleich selbst mit den getätigten Funden eine Datenbank an.

Inhaltliche Einzelbeobachtungen als konstruktive Kritik mögen an dieser Stelle  angebracht sein. Der Eintrag in Kapitel III.4 Lexika lautet kurz und bündig: „Kein schweizbezüglicher Beitrag“ (S. 76). Diese Behauptung kann modifiziert werden: Im Oxford Companion to Gardens von 1986 (!) findet sich ein mehrseitiger, brillianter Artikel vom Altdoyen der Schweizer Gartenkultur Hans-Rudolf Heyer (S. 545–549), zudem im Historischen Lexikon der Schweiz Bd. 5 / 2005 (S. 97–99) unter dem Stichwort Garten ein kurzer Eintrag mit Unterverweisungen vom gleichen Autor. Zum Adressverzeichnis unter Kapitel X: In Basel gibt es keine Ritterstrasse, aber eine Ritter­gasse, die Schweizerische Landesbibliothek heisst neu Nationalbibliothek, die Bibliothek des Botanischen Instituts der Uni Zürich ist seit eh und je nicht dem Bib­liotheksverbund NEBIS, sondern dem Verbund IDS Uni Zürich angeschlossen. Hauptsächliche etwas störende Auffälligkeit: einzelne grossangelegte Nennungen treten in verschiedenen Kapiteln immer wieder haufenweise über mehrere Seiten hinweg auf; dazu eines von etlichen Beispielen: „Nutzen und Zierde“ über mehr als 4 resp. 5 Seiten (S. 141, 154, 235, 317). Und das ist natürlich nicht nur ein enormer Platzverbrauch, sondern wirkt auf die Dauer ermüdend, dadurch lässt die Aufmerksamkeit nach und wie schnell verpasst oder überliest man dabei etwas Neues. Da wird das Prinzip der Bibliografie tüchtig ad absurdum geführt. Die alphabetische Aufgliederung in Kapitel IV nach einzelnen Gartentypen erleichtert dagegen wirklich anfänglich die Suche.

Zu Kapitel IX.2 (Spezifische Internet-Ressourcen zur Gartenkultur): hier werden URL’s von online-Katalogen und Datenbanken zusammengestellt, was meiner An­sicht nach völlig überflüssig ist, da jede Suche genau in ebendiesen Katalogen/Datenbanken selbstredend beginnend stattfinden sollte – dafür bräuchte es keine Bibliografie. Darunter auch die eben erst aufgegebene BHA und RAA mit RILA, die letzten beiden aber in BHA integriert und nicht mehr eigenständig. Was hier aufgebläht wirkt, ist letztlich auch der Eindruck der ganzen Bibliografie.

Nach intensivem Gebrauch zerfällt das Buch, es ist billig und schlecht gebun­den, für eine Bibliografie eine denkbar ungünstige Voraussetzung. Einen Vorschlag an den Verlag: allenfalls Autoren oder aber sicher Lektoren bei den folgenden Bänden zu gewinnen, die mit den landesspezifischen Gepflogenheiten besser vertraut sind und denen darum keine Fehler und Flüchtigkeiten unterlaufen. Eine Bibliografie ist bei ihrem Erscheinen bereits veraltet. Darum wäre es sinnvoll, zumindest eine CD-Rom beizulegen, auf der gezielt nach Namen, Orten usw. gesucht werden könnte. Die Jahresbibliografie der Pückler-Gesellschaft, online zu Verfügung gestellt, mag als Vergleichsbeispiel dienen: mit einem Klick werden Suchbegriffe gefunden, allerdings eine Beschlagwortung fehlt. Das wäre die Aufgabe der in Buchform resp. virtuellen Ausgabe von weiteren Stolo-Bänden, diejenigen Titel zumindest sacherschliessend zu bearbeiten, bei denen Titel und Inhalt nicht notgedrungen gleichlautend sind, und diese registerartig am Schluss aufzulisten. Was bleibt? Trotz allen Mängeln ist jedoch der Eindruck gewonnen worden, eine überreiche Gartenkultur in der eher unbekannten Schweizer Gartenlandschaft in feinsten Facetten kennengelernt zu haben, die es zu entdecken und zu verarbeiten gilt – ein Anfang mit enormem und kritischem, wachsamem Arbeitsaufwand seitens der Leserschaft scheint gemacht.

Dr. Thomas Freivogel, Zürich

Gröning, Gert und Uwe Schneider: Stolo. Bibliographische Findmittel zur Gartenkultur. Ein Verzeichnis bio-bibliographischer und sonstiger Findhilfen und Literaturquellen zur Geschichte und Theorie der Gartenkultur nebst angrenzender Gebiete in Mittel- und Westeuropa, Band 2: Schweiz, Worms: Wernersche Verlagsgesellschaft, 2010, 413 S., ISBN 978-3-88462-279-7; 29,80.- Euro