Roth, Dietrich (Hrsg.): Das Moller-Florilegium Hans Simon Holtzbeckers Blumenalbum für den Bürgermeister Barthold Moller (München 2007)

Von dem Hamburger Wunder war in den letzten Jahren verschiedentlich zu hören. Die Staats- und Universitätsbibliothek konnte 1999 zwei Hamburger Blumenbücher aus dem 17 Jahrhundert von überragender Qualität und unglaublichem Wert erwerben, die jahrhundertelang als verschollen gegolten hatten. Naturalismus und Perfektion der Deckfarbenmalereien stehen den Blumenbildern des frühen 19. Jahrhunderts nicht nach. Es erschienen hierüber zwei anregende Hefte, und 2000 wurde eine höchst aufschlussreiche Tagung zum Umfeld der Blumenbücher veranstaltet, deren beachtliche Ergebnisse 2003 veröffentlicht wurden.

Es fehlte jedoch bisher eine Gesamtpublikation des Inhalts des ursprünglich fünfbändigen Blumenbuchs, von dem noch ein dritter Band im amerikanischen Privatbesitz erhalten ist, während zwei weitere Bände weiterhin verschollen sind. Diese Lücke sollte das vorliegende Prachtwerk schließen.

Es sind hier 142 Tafeln der 269 Bilder der drei Bände ganzseitig in guter Qualität reproduziert. Wie verlautet, entspricht die Wiedergabe der Farben gut dem Original. Dargestellt sind Zwiebelblumen und Knollengewächse des Frühlings (Bd.1), Sommerblumen und Stauden (Bd. 2, Oak Spring, USA) sowie Ziersträucher und Fruchtgehölze sowie Melone (Bd. 3). Aus dem Zwiebelblumenband wurden zwei der sechs Tafeln mit Krokussen, drei der fünf Kaiserkronen, neun der 27 Tulpentafeln, sieben der 19 Narzissentafeln gewählt. Aus dem zweiten Hamburger Band mit den Ziersträuchern und dem Obst wurden die Rosen und das einheimische Obst vollständig abgebildet, da beide Gruppen eine Sonderstellung innerhalb des Moller-Florilegiums einnehmen. Das einheimische Obst ist im 17.Jh. nirgendwo sonst in dieser Weise dargestellt, die Rosen umfassen mehr oder weniger das ganze Sortiment der damaligen Gartenrosen. Dass es gelungen ist, Tafeln aus der Oak Spring Library (41 von 91 Tafeln) in den Band aufzunehmen, ist als besonderer Glücksfall zu werten.

In den anschließenden Kommentaren sind die im Original unbeschrifteten Pflanzen botanisch benannt und mit Zitaten aus Pflanzen- und Gartenbüchern des 16.-18. Jahrhunderts zu den betreffenden Pflanzen versehen. Die Tafeln sind in diesen Kommentaren nochmals in Miniaturform abgebildet, um die Benutzung zu erleichtern. Die mühsame und kenntnisreiche Kompilation dieser Texte (von Fuchs und Bock über Mattioli und Tabernaemontanus bis zu Elsholtz, van der Groen, Viescher, Hesse und Philip [nicht „John“] Miller) soll den Wert des Buches für eine breitere Leserschaft erhöhen. Alle in den drei Bänden enthaltenen Pflanzen sind zwar auf S. 324-327 von Roth mit ihren aktuellen Namen aufgelistet, aber nicht vollständig abgebildet. Stattdessen hat man sich entschieden, noch zweimal 20 Tafeln aus anderen Werken Holtzbeckers, dem Anckelmann-Florilegium und dem Gottorfer Codex, die sich in Berlin bzw. Kopenhagen befinden, zu reproduzieren und in gleicher Weise wie die vorigen zu kommentieren. Mit diesen Tafeln soll der wahrscheinliche Inhalt der beiden verschollenen Bände angedeutet werden. Insgesamt sind 182 Tafeln abgebildet.

Den Tafeln vorangestellt sind drei Aufsätze. Die Kunsthistorikerin Thea Vignau-Wilberg stellt das Werk Holtzbeckers im Kontext seiner Zeit vor. Arbeitstechnik, Titelblätter, Charakteristika, Vorbilder, Zeitgenossen, Intentionen werden eingehend behandelt. Die Autorin kommt zu dem Schluss, dass die hingebungsvoll gestalteten Pflanzendarstellungen Holtzbeckers als eine Art christlicher Meditation zu verstehen sind. Dietrich Roth, Botaniker und hochverdienter Initiator der Ankäufe der Bibliothek, schreibt nochmals über den Auftrageber der Blumenbücher, Bürgermeister Moller, seinen Garten und sein Umfeld sowie in einem gesonderten Aufsatz über die abgebildeten Pflanzenbestände, die er historisch einordnet nach Verwendung und Herkunft. Auch belegt er die Art und Weise der Mehrfachverwendung von Pflanzendarstellungen in verschiedenen Werken des Künstlers.

Das gigantische Moller-Projekt hat mit diesem Band einen vorläufigen krönenden Abschluss gefunden – bis eventuell die restlichen Bände auftauchen.

Clemens Alexander Wimmer

Roth, Dietrich (Hrsg.): Das Moller-Florilegium Hans Simon Holtzbeckers Blumenalbum für den Bürgermeister Barthold Moller. München : Hirmer, 2007. - 336 S. : Ill. - Euro 98,-