Géza Hajós (Hrsg.): Stadtparks in der österreichischen Monarchie 1765-1918. (Wien 2009)

Géza Hajós gelang es, ein Forschungsprojekt zu initiieren, dass länderübergreifend ein bisher unbeachtetes Thema anging, nämlich die Stadtparks in der österreichischen Monarchie. Nicht nur Stadtparks, sondern auch Stadtplätze, Botanische Gärten und Kurparks werden behandelt.

Die Arbeit wurde bereits 1996-98 geleistet, die Drucklegung war nicht eher möglich. Wegen Einstellung der Förderung wurde die Arbeit nicht vollendet. So fehlen die Untersuchungen Böhmens und Mährens, Galiziens, der Bukowina und der zu Österreich gehörenden Teilen Italiens von Triest bis Florenz. Behandelt werden Österreich (100 Seiten inkl. Gesamtüberblick), Ungarn (44 Seiten inkl. Slowakei und Transsylvanien), Kroatien (30 Seiten), Slowenien (22 Seiten) und Krakau (10 Seiten).

Im einleitenden, lesenswerten Beitrag über alle Anlagen bis 1867 behandelt Hajós auch die Entstehung des öffentlichen Grüns im „europäischen Kontext“, das heißt die Rolle Frankreichs und Englands, wie sie sich nach Hennebo, Geschichte des Stadtgrüns (1979) darstellt. Die Anlage der ersten Baumallee in Wien Anfang des 18. Jahrhunderts mag dann auch dem Pariser Vorbild folgen. Die Öffnung des Praters für das Publikum 1766 und des Augartens 1775 erinnert eher an die Öffnung des Berliner Tiergartens 1740 denn an ein englisches oder französisches Vorbild. Die ersten explizit für die Bevölkerung geschaffenen Anlagen in Wien waren das Glacis ab 1770 und 1819-23 der Volksgarten und in Budapest das Stadtwäldchen 1816-27. Der formale Volksgarten passt schlecht zu den realisierten deutschen Vorbildern der Zeit und weist, wie Hajós zu Recht anführt, eher auf Frankreich und Italien. Es folgt um 1860 das Wiener Ringstraßen- und Stadtparkprojekt, das Hajós mit vorausgegangenen Bestrebungen in London und Paris vergleicht. Kurz erwähnt werden auch Lennés „urbanistische Verschönerungen“ in Berlin (S. 55), allerdings nicht konkret dessen Projekte aus den 40er Jahren und auch nicht der 1846-48 von Gustav Meyer geschaffene Friedrichshain, die erste kommunale Parkanlage Berlins. Dass man Lenné zum Ringstraßenwettbewerb einlud, zeigt, dass man Berlin damals in Wien durchaus beachtete. Auch die von Lenné und Meyer geschaffenen Promenadenanlagen (1857) und der Johannapark (1858-63) in Leipzig hätten vielleicht in die Betrachtung einbezogen werden können, zumal der Wiener Stadtgärtner Siebeck 1861 aus Leipzig kam.

Die Entwicklung in den österreichischen Provinzen folgte vielfach, aber durchaus nicht immer der in Wien. Als besonders interessant muss gelten, dass schon 1775 in Pressburg (Bratislava) eigens ein Augarten für das Publikum geschaffen wurde, der einen Wegestern aus acht Alleen, bepflanzt mit unterschiedlichen Baumarten, bestand (Abb. S. 63). Auch in Laibach (Ljubljana) soll 1775 ein Alleegarten entstanden sein (S. 65), in Esseg (Osijek) 1786 ein Stadtgarten (S. 66). Auch die Margareteninsel in Budapest (1810), der Stadtpark in Zadar (1829) sind Projekte, die vergleichbaren in Wien vorausgingen. Andere Anlagen wie die Schlossbergverschönerung in Graz (ab 1817) oder die Kurparks in Baden (ab 1758) und in Bad Ischl (ab 1838) oder der Maximir-Park in Zagreb (1837-46) müssen von vornherein als von Wien unabhängig gelten, da Wien keine vergleichbaren Anlagen hatte.

Die Darstellung von Hajós, basierend auf Arbeiten von Marie-Theres Arnbom und Barbara Bacher, schließt mit 1867, dem Jahr der Neustrukturierung der österreichisch-ungarischen Monarchie.

Cordula Loidl-Reisch behandelt die Anlagen der Folgezeit in Österreich. Enthalten sind Kurzbiografien einiger wichtiger Gärtnerpersönlichkeiten, leider vielfach allzu kurz. Lothar Abel starb am 24. 6. 1896 (Nachruf in der Zeitschrift für Gartenbau und Gartenkunst 1896, S. 258). Wenzel Hybler wurde nicht 1896 Stadtgartendirektor von Wien. Vielmehr blieb, nachdem Gustav Sennholz am 24. 8. 1895 verstorben war, die Stelle jahrelang vakant. Hybler wurde 1900 Stadtobergärtner, 1902 Stadtgarteninspektor und erst 1905 Stadtgartendirektor. Er trat 1918 in den Ruhestand und starb am 25. 10.1920 (siehe garden-cult.de). Herausragende Ereignisse der von Loidl-Reisch behandelten Zeit waren die Vollendung der Ringstraßenanlagen und die Neuanlage von Rathauspark und Türkenschanzpark (1885-88). Die Sezessionsbewegung hinterließ in der Wiener Gartenkunst anders als in der Baukunst nur begrenzt Spuren (Anlagen am Otto-Wagner-Spital und am Kaiserin-Elisabeth-Denkmal im Volksgarten). Der neuen Zeit gehören auch die Stadtplätze der eingemeindeten Bezirke an, von denen bislang noch nie etwas zu hören war. Sie wurden 1909-12 in ansprechenden Plänen dokumentiert, die wohl von Hybler stammen und von denen drei erfreulicherweise abgebildet sind. Sie enthalten teilweise auch Spielplätze und müssen als sehr modern gelten. Die genaue Entstehungszeit der Plätze wurde von der Autorin nicht ermittelt. Ein Vergleich mit den Stadtplätzen dieser Jahre in anderen Städten hätte sich angeboten.

Aus der Vielzahl der in den anderen österreichischen Bundesländern vorhandenen öffentlichen Parks des Historismus werden im Anschluss neun von Loidl-Reisch beispielhaft vorgestellt.

Die folgenden vier Aufsätze aus dem fremdsprachigen Ausland, die die zweite Hälfte des Buches einnehmen, behandeln alle die Zeit nach 1867.

József Sisa berichtet umsichtig und gründlich über die Geschichte der Gartenkunst im alten Ungarn und stellt wichtige Anlagen vor. Prägende Gärtnerpersönlichkeiten werden in Kurzbiografien vorgestellt, wobei auffällt, dass viele von ihnen aus Deutschland stammten. Pest erhielt offenbar 1865 in Emil Fuchs den ersten Stadtgärtner. Seine Nachfolger waren Christian Ilsemann 1892-1912 und Karl Räde seit 1913. Räde schrieb regelmäßig für die Zeitschrift Gartenwelt. So sind auch illustrierte Beiträge über die städtischen Anlagen Budapests in den Jahrgängen 1909, 1916, 1917 und 1928 enthalten (garden-cult.de, im Buch nicht erwähnt).

Aus Kroatien ist zu erfahren, dass Rudolf Siebeck 1872 einen ersten Schmuckplatzentwurf fertigte, zu dem in der Folge noch weitere Anlagen des innerstädtischen Grünzugs kamen, und dass Zagreb einen Stadtgärtner erhielt. Weitere kroatische Anlagen werden in überraschend großer Zahl vorgestellt, wobei ihre gartenkünstlerische Bedeutung nicht ganz klar wird (Bojana Bojanic Obad Scitaroci und Mladen Obad Scitaroci).

Auch Laibach erhielt 1892 einen Stadtgärtner. Es gibt dort einen aus einem ehemaligen Schlosspark hervorgegangenen Stadtpark Tivoli, der in dem verkleinert wiedergegebenen Stadtplan allerdings ohne Ortskenntnis nicht auszumachen ist. Neun weitere slowenische Parks werden beschrieben (Alenka Kolsek).

Wann Krakau einen Stadtgärtner erhielt, wird nicht recht deutlich, es muss vor 1881 gewesen sein. Die Entwicklung der Planty genannten Wallanlage, die schon 1822-30 entstanden war (S. 68), und des Jordan-Parkes (1888-89) wird nachvollziehbar geschildert, wobei auch Vergleiche mit deutschen Anlagen, zum Beispiel von Lenné, gezogen werden. Zwei weitere Anlagen werden ohne Abbildungen beschrieben (Wojciech Balus).

Das Buch zeigt ausschließlich historische Abbildungen, überwiegend in Farbe. Ein Großteil sind Postkarten um 1900, die naturgemäß nur die Hauptakttraktionen, meist die Teppichbeete, abbilden. Dieses Bildmaterial ist zweifellos hilfreich, um eine erste Vorstellung von zumal in Deutschland sonst völlig unbekannten Anlagen zu geben. Das Buch vermeidet dankenswerterweise, den Informationsgehalt schönen Zustandsfotos zu opfern, wie sie die meisten Bücher über die Gartenkunst bestimmter Regionen auszeichnet. Zum gartenhistorischen Einordnen und Vergleichen der Entwürfe wären allerdings in noch größerer Zahl Pläne erforderlich. Ob es eine spezifische k.u.k. Form der öffentlichen Gartenkunst gab, und was diese von der des übrigen Europas unterscheidet, lässt sich so bislang nicht sagen.

Nicht ganz verständlich ist die Literaturauswahl. So fehlen Grundlagenwerke wie Friedrich Fischer, Die Grünflächenpolitik Wiens bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, Wien/New York 1971, Hermann Reining, Die Entwicklung der öffentlich zugänglichen Grünflächen im Bereich der Wiener Ringstraße, Diss. Wien 1976, und das grundlegende Inventar von Eva Berger, Historische Gärten Österreichs Bd. 1-3, Wien 2002-2004.

Die Stärke dieses Buches liegt darin, dass überhaupt erstmals in der Gartengeschichtsschreibung das östliche Mitteleuropa mit einem reichen Anschauungsmaterial vorgestellt wird.

Wenngleich unvollständig, schien es zwingend, das Ergebnis der Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Bereich städtebaulicher und gartenkünstlerischer Tätigkeit zu publizieren, um für die weitere Erforschung der kommunalen Grünanlagen der österreichischen Monarchie Grundlagen zu schaffen. Darüber hinaus enthält das vielfältige Material auch Anregungen, die betreffenden Orte einmal selbst unter gartenhistorischem Aspekt zu besuchen. Hierfür gebührt allen Beteiligten der Dank des Publikums.

Clemens Alexander Wimmer

Géza Hajós (Hrsg.): Stadtparks in der österreichischen Monarchie 1765-1918. Studien zur bürgerlichen Entwicklung des urbanen Grüns in Österreich, Ungarn, Kroatien, Slowenien und Krakau aus europäischer Perspektive. Wien : Böhlau 2007. - 230 S. : Ill. - ISBN 978-3-205-77638-3. - Euro 39,-