Conan, Michel (ed.); Rojo, José Tito (Hrsg.); Zangheri, Luigi (Hrsg.) Histories of garden conservation (Firenze 2005)

Gartendenkmalpflege ist eine so junge Disziplin nicht, wenn man den Betrachtungsrahmen etwas weiter steckt als gewöhnlich. In den verschiedenen Regionen der Welt ist ihre Geschichte allerdings unterschiedlich verlaufen. Eine universelle Methode gibt es bislang nicht, so sehr dies in einer globalen Sicht wünschenswert wäre. Denkanstöße zu einer Globalisierung der Gartendenkmalpflege wollte eine Tagung geben, die Luigi Zangheri von der Kunstakademie Florenz, Michel Conan von der Dumbarton Oaks research library Washington und José Tito Rojo von der Universität Granada 2003 in Florenz organisiert haben. Der Tagungstitel lautete „History of attitudes towards the past in garden conservation.“ Die 17 Beiträge der Tagung sind in italienischer, spanischer, französischer und englischer Originalfassung abgedruckt und mit englischen (die englischen mit italienischen) Zusammenfassungen versehen.

Im ersten Abschnitt wird eine Reihe von Gärten vorgestellt, um die unterschiedliche Weise des Umgang seitens ihrer Eigentümer und Gärtner im Laufe der Jahrhunderte zu zeigen.

Es handelt sich um folgende Fallstudien:

1) Die kontinuierliche Erneuerung des Gartens von Cang Lang Ting in Suzhou aus dem 10. Jahrhundert (Yinong Xu),

2) Der aztekische Park von Chapultepec in Mexiko City (Saúl Alcántara Onofre), der im 19. Jahrhundert von Kaiser Maximilian mit seinen österreichischen Künstlern und Anfang des 20. Jahrhunderts noch einmal nach den Prinzipien des französischen Gartenkünstlers Forestier überformt wurde

3) Die vielfach von christlichen Gartenkünstlern überarbeiteten maurischen Gärten des Generalife in Granada (Manuel Casares-Porcel)

4) die Boboligärten in Florenz unter besonderer Berücksichtigung der Umgestaltungen im 18. und 19. Jahrhundert (Giorgio Galletti)

5) die Behandlung der Gärten von Versailles von 1750 bis 1820 (Michel Baridon)

6) und den Umgang mit dem Garten von Drottningholm, Schweden, besonders im 20. Jahrhundert (Magnus Olausson)

7) Die Interpretation der Geschichte in Blenheim Park durch Vanbrough, Brown und Duchêne (Kate Felus)

8) Die Behandlung des Gartens der Villa Pisani in Stra, Veneto, im 19. und 20. Jahrhundert (Giuseppe Rallo)

9) Die Rekonstruktion des Berliner Viktoriaparks (Gert Gröning)

Vorstehend und auch in der Folge gibt der Rez. nicht exakte Übersetzungen der Originaltitel der Vorträge, sondern eigene Umschreibungen des Inhalts wieder. Diese müssen ein genaueres Eingehen auf den Inhalt ersetzen, welches den Rahmen der Rezension sprengen würde. Es handelt sich überwiegend um umfangreiche, mit zahlreichen Quellennachweisen versehene Untersuchungen, die wichtige Beiträge zur Geschichte der Gartendenkmalpflege darstellen, die man andernorts bisher vergeblich sucht, weil sie entweder gar nicht oder nur in Schriften von begrenzter Verbreitung erschienen sind. Insbesondere für deutsche Leser dürften die Beiträge über die Vorgeschichte der Gartendenkmalpflege im Ausland gänzlich neu zu sein.

Auf den einzigen Beitrag eines deutschen Autors ist in einer deutschen Rezension besonders einzugehen. Während die anderen Autoren sich bemühen, repräsentative Beispiele aus ihren Ländern vorzustellen, wählt Gert Gröning einen Sonderfall, der für Deutschland schwerlich repräsentativ ist. Der ursprüngliche Sinn des Viktoriaparks ist angesichts einer drastisch gewandelten und der Gartendenkmalpflege gegenüber verständnislosen Bevölkerung in Berlin-Kreuzberg verloren gegangen. Die in diesem Park praktizierte Gartendenkmalpflege steht im Widerspruch zu den aktuellen Nutzungsansprüchen, was Gröning sicherlich zu Recht kritisiert. Irreführend aber erweckt er den Eindruck, dieser Fall sei symptomatisch für Deutschland und wiederholt seine abstruse These, deutsche Gartendenkmalpfleger seien Royalisten, die mit der Demokratie Schwierigkeiten hätten. Er verschweigt dabei, dass die Gartendenkmalpflege in den einzelnen deutschen Bundesländern und Gemeinden sehr unterschiedlich gehandhabt wird und dass auch die Berliner Gartendenkmalpflege sich Gartendenkmälern der Weimarer Republik und sogar des Stalinismus widmet. Wenn er schließlich anprangert, dass die NS-Planungen für den Viktoriapark, als deren einzige Quelle er eine Illustration auf einer Speisekarte aus unbekannter Quelle präsentiert, in den Informationen der Gartendenkmalpflege verschwiegen werde, müssen seine Ausführungen undifferenziert und bewusst diffamierend erscheinen, was auf einer internationalen Tagung befremdet.

Der zweite Abschnitt enthält weitere Fallbeispiele, die in den Zusammenhang „Wie Gärten Teil des  Kulturerbes wurden“ passen. Conan nennt es in seiner Einführung paradox, dass aus der Erkenntnis, dass Gärten zum nationalen Kulturerbe gehören, mehr alte Gärten rekonstruiert und neue Gärten im Namen einer erfundenen Tradition angelegt wurden als alte Gärten einfach konserviert wurden. Man findet hier folgende Beiträge:

1) Der Umgang mit älteren geometrischen Elementen bei der Gestaltung englischer Provinzgärten im 18. Jahrhundert (Tom Williamson)

2) Die Rolle der Geschichte im Garten der Aufklärung (Juan Calatrava)

3) Die Konstruktion eines spanisch-maurischen Gartenstils vornehmlich im 19. und 20. Jahrhunderts (José Tito Rojo)

4) Die Entdeckung der spanischen Gartenkunst Anfang des 20. Jahrhunderts, besonders durch die ausländischen Gartenkünstler Forestier und Winthuysen (Carmen Añón Feliú)

5) Der geometrische italienische Garten im 19. Jahrhundert und in der Zeit des Faschismus (Luigi Zangheri)

6) Die englische Gartendenkmalpflege nach dem II. Weltkrieg (David Jacques)

Im dritten Teil werden kurz einige rechtliche und philosophische Aspekte der Gartendenkmalpflege behandelt:

1) Entwicklung des Naturschutzrechts (Lucien Chabason)

2) er Garten als Ort der Denkmalpflege und der kulturellen Bildung (Massimo Venturi Ferriolo)

Conan liefert am Ende ein Resumé, in welchem er der Frage nachgeht, inwieweit sich die aktuelle Gartendenkmalpflege von den Bemühungen der Vergangenheit, alte Gärten zu erhalten, unterscheidet. Die Beweggründe und Methoden waren von Fall zu Fall verschieden. Conan unterscheidet private, politische und konservatorische Ziele. Indem Gartendenkmalpflege notwenig mit dem Paradox der Gleichzeitigkeit von Vergangenheit und Gegenwart leben muss, ist sie ihm zufolge stets eine symbolische Interpretation der Vergangenheit des Gartens. Dass sie unleugbar einer bestimmten Zeit angehört, muss sie sich gefallen lassen, später selbst als historische Form des Umgangs mit Vergangenheit eingeordnet zu werden. Conan erkennt an, dass die modernen Methoden genauer und wissenschaftlicher sind als der alte Umgang mit Gartengeschichte. Heutige Gartendenkmalpfleger gehen grundsätzlich anders mit der Gartengeschichte um als früher die Garteneigentümer und Gartengestalter. Dennoch sollte deren Ansatz nicht prinzipiell als überholt abgelehnt werden. Er führt das chinesische Beispiel an, um vier ideelle Gründe für die dort seit dem 16. Jahrhundert praktizierte Konservierung des Gartens zu nennen, die im gegenwärtigen Europa eher fremd sind: 1) die lange Geschichte des Ortes, 2) die Erhaltung der ursprünglichen Konzeption und der allgemeinen Aufteilung, 3) die Wertschätzung literarischer Talente und Traditionen und 4) die Bedeutung des Namens des Ortes. Erhaltung der konkreten Form (und des Materials) wird dagegen in China nicht gefordert. Conan zitiert Venturi Ferriolo, nach dem Gärten jenseits ihrer Substanz Orte des Dialogs des Besuchers mit der Geschichte oder mit dem menschengemachten Mythos der Vergangenheit dieses Gartens sind. Sie gehören nicht der Vergangenheit an, sondern sind Symbole der Vergangenheit in der Gegenwart.

Das Buch soll nach Conan helfen, einen ausgewogeneren Blick auf die Gartengeschichte und auf den Wert aller gartendenkmalpflegerischen Bemühungen im Verhältnis zu ihrem kulturellen Kontext zu gewinnen. Conan plädiert dafür, die Methoden fremder Kulturen im Umgang mit Natur, Raum, Zeit und Bewegung nicht nach westeuropäischem Muster zu beurteilen. Vielmehr könnte man unsere Methoden einmal nach chinesischen Maßstäben beurteilen. Hieraus ergäbe sich zwar, dass die chinesische Praxis bei uns nicht anwendbar ist, da der kulturelle Hintergrund fehlt. Aber auch wenn die unterschiedlichen denkmalpflegerischen Herangehensweisen wegen des unterschiedlichen kulturellen Hintergrundes nicht austauschbar sind, sollte der Gedankenaustausch und das Lernen von den anderen nicht vernachlässigt werden. Conan schließt mit seiner These, Gartengeschichte sollte nicht nur die Entwurfsgeschichte, sondern auch Rezeptionsgeschichte sein. So könnte auch eine neue Gartendenkmalpflege entstehen, die die unterschiedlichen Konzepte integriert. Das vorliegende Buch ist eines der Anzeichen, die dafür sprechen, dass ein entsprechender Wandel der Gartendenkmalpflege bereits begonnen hat.

Clemens Alexander Wimmer

Conan, Michel (ed.); Rojo, José Tito (Hrsg.); Zangheri, Luigi (Hrsg.) Histories of garden conservation : Case-studies and critical debates : Colloquio internazionale sulla storia della conservazione dei giardini. Firenze : Olschki, 2005. - 449 S. : Ill. + Tf. – ISBN 88 222 5430 9. - Euro 39,-