David H. Haney: When Modern was Green: Life and Work of Landscape Architect Leberecht Migge (London und New York 2010)

Leberecht Migge (1881-1935) war einer der bekanntesten, eigenwilligsten und umstrittensten deutschen Gartenarchitekten des 20. Jhs. Einzelaspekte seines Werkes wurden bereits behandelt, ein umfassender Überblick über Leben und Werk fehlte jedoch. Der amerikanische Architekt David Haney legt nun die Ergebnisse seiner an der University of Pennsylvania abgeschlossenen Dissertation vor, die er unter anderem während seines fünfjährigen Aufenthalts in Berlin zusammengetragen hat. Er besuchte zahlreiche deutsche Archive und fand auch Zugang zum Nachlass Migges in dessen Familie.

Das Buch ist sehr übersichtlich aufgebaut und enthält sich aller ausufernder Exkurse. Es besteht aus einer Einführung, vier Abschnitten, welche die Hauptschaffensperioden Migges behandeln, sowie einem Ergebnisbericht. Es ist reich mit interessanten Abbildungen illustriert.

In der Einführung geht es um die Probleme bei der Einordnung von Migge, der sich als Querdenker zwischen verschiedenen Disziplinen verstand. Der Autor plädiert für eine weite Auslegung des Begriffes „Moderne“ und für die gleichberechtigte Betrachtung der Geschichte des ökologischen Denkens und der Architekturgeschichte, für deren Verbindung Migge in einer Person ein herausragendes Beispiel sei. Migge sei als Vorläufer des aktuellen ökologischen Designs und der nachhaltigen Architektur zu betrachten. Weiter wird in der Einführung Migges Rezeption im englischen Sprachraum und in der deutschen Forschung skizziert.

Als die vier Hauptschaffensperioden werden die Abschnitte „Der architektonische Garten“ (1900-1913), „Der soziale Garten“ (ca. 1913-1924), „Der technologische Garten (ca. 1924-1930) und „Der biologische Garten“ (ca. 1930-35) angegeben. In dieser Gliederung spiegelt sich der auffällige Wandel vom hochbegabten, ambitionierten Gartenarchitekten feiner Villengärten zum sozial engagierten Volksaufklärer mit erst linken, dann rechten Neigungen, der vor allem utilitaristisches Siedlungsgrün plante und die Kompostierung menschlicher Fäkalien propagierte. Er arbeitete mit bedeutenden Architekten zusammen wie Martin Elsaesser, Ernst May, Bruno Taut und Martin Wagner und wirkte an der Berliner Hufeisensiedlung ebenso mit wie an der Frankfurter Römerstadtsiedlung. Aus Haneys tiefer Einsicht in die oft nur äußerst schwer zugängliche Literatur (z.B. Migges Zeitschrift „Siedlungs-Wirtschaft“) und zahlreiche Archive von Kiel bis München ergeben sich viele neue Erkenntnisse zu Migges Leben und Werk. Neu ist auch, dass er sich, nachdem er seit 1915 mit dem Kommunismus sympathisiert hatte, 1932 für den Nationalsozialismus begeisterte, unter Hitlers Regierung aber mangels geeigneter Kontakte keine beruflichen Erfolge erzielte.

Im Ergebnisbericht setzt sich Haney nochmals mit der Schwierigkeit auseinander, Migge zu Begriffen „modern“ und „konservativ“ zuzuordnen, wobei er sich besonders auf angloamerikanische Architekturtheoretiker beruft.

Das vorbildlich recherchierte und geschriebene Buch stellt einen wichtigen Beitrag zur deutschen Gartengeschichte dar, und es bleibt zu hoffen, dass es bald auch auf Deutsch erscheint.

Clemens Alexander Wimmer

David H. Haney: When Modern was Green: Life and Work of Landscape Architect Leberecht Migge. London und New York: Routledge, 2010. – 323 S. : Ill., 8 Farbtf.