Hombach, Rita: Landschaftsgärten im Rheinland : die Erfassung des historischen Bestands und Studien zur Gartenkultur des "langen" 19. Jahrhunderts (Worms 2010)

Die Gartenkunst des Rheinlands ist, abgesehen von den großen Schlossgärten Nordkirchen, Brühl und Dyck, der Villa Hügel und der Kölner Flora im übrigen Deutschland wenig bekannt. Eine systematische Erfassung der historischen Gärten in Nordrhein-Westfalen hat noch nicht stattgefunden. Die Erfassung steht im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit, die von der Universität Köln als Dissertation angenommen wurde. Betreuer war der Landeskonservator, der auf diese Art Material für die noch ausstehende Garteninventarisierung erhielt. Ausgewählt wurde das Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens abzüglich Westfalens. Anders als bei den Erfassungsprojekten der Denkmalämter wurden nicht nur vorhandene, sondern auch ehemals vorhandene Anlagen erfasst. Dargestellt werden nur Landschaftsgärten, da jedoch alle älteren Gärten früher oder später verlandschaftet wurden, kann davon ausgegangen werden, dass alle ländlichen Privatgärten des 19. Jhs. erfasst sind. Ausgeschlossen wurden öffentliche und in der Stadt gelegene Gärten.

Eine flächendeckende Erfassung zu einem historischen Datum kann nicht vom heutigen Bestand ausgehen, sondern nur von historischem Material. Da Gärten früher nirgends eigens erfasst wurden, kommen hierbei nur komplette Kartenwerke in Frage, wie es die topographischen Landesaufnahmen des 19. Jhs. sind, deren Maßstab groß genug ist, um zumindest größere Gärten erkennen zu lassen. Im Rheinland liegt der besondere Fall vor, dass die linksrheinischen Gebiete aufgrund der französischen Besetzung bereits früher als die übrigen deutschen Länder genau kartiert wurden, nämlich ab 1802. Nach dem Sturz Napoleons wurde dieses Kartenwerk bis 1828 vom preußischen Militär für fast die ganze Rheinprovinz vervollständigt. Um ein für Preußen einheitliches Kartenwerk zu erhalten, erfolgte 1840-47 eine erneute Aufnahme, wobei die sog. Urmesstischblätter entstanden. Nach Gründung des Deutschen Reiches folgte eine abermalige Neuaufnahme des gesamten Reichsgebiets, am Rhein erst 1892-95, die zu den bekannten gedruckten Messtischblättern führte. Wie jeder weiß, der einmal die Geschichte einzelner Gärten zu ergründen versucht hat, sind die Messtischblätter, soweit es ihr Maßstab erlaubt, zuverlässige Quellen für die Grundaussagen zur Entwicklung der Anlagen.

Die Auswertung dieser drei Kartenwerke bildet die Grundlage für die Erhebungen Hombachs. Obwohl sich diese Verfahrensweise für die flächendeckende Erfassung von Gärten geradezu zwingend ergibt, wurde sie bisher nicht angewendet, was schwer begreiflich, aber vielleicht daraus zu erklären ist, dass die Denkmalämter an ehemaligen Beständen von Rechts wegen nicht interessiert sind. Hombach nennt ihre Methode treffend die historisch-topographische Methode.

25 Seiten der Arbeit liefern nähere Erläuterungen zu den Kartenwerken und eine umfassende Quellenkritik. Hier erfährt man, wie bei der Landesaufnahme gearbeitet wurde, welche Vorgaben jeweils an die Kartographen ausgegeben wurden, inwieweit sie sich daran hielten und davon abwichen und was dies für die Darstellung der Gärten bedeutet. Es wird auf die verwendeten Plangrafiken, auf individuelle Unterschiede der Arbeitsweise der verschiedenen Offiziere hingewiesen, und es wird die Bedeutung von Vorgängerkarten und Nachträgen problematisiert. Besonders zu erwähnen ist, dass Hombach mit den originalen Aufnahmekarten auch Vorzeichnungen zu der Aufnahme aus den 1890er Jahren konsultierte. Während an der Genauigkeit und der Übereinstimmung des Dargestellten mit dem jeweils vorhandenen Bestand nach den Untersuchungen Hombachs kein Zweifel bestehen kann, sind Datierungen nur mit Vorsicht zu gebrauchen, da manche Details aus älteren Karten übernommen oder später ohne Datierung nachgetragen wurden. Diese wertvollen Ausführungen sind von grundsätzlichem Interesse für die gartenhistorische Forschung auch in anderen Teilen Deutschlands.

Anhand der Kartenwerke wurden etwa 270 Landschaftsgärten ermittelt. Durch Abgleich mit anderen Quellen, namentlich dem Ansichtenwerk von Alexander Duncker, dem Denkmalinventar von Paul Clemen, den Exkursionsberichten der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft, dem Erfassungsprojekt von Jochen Hild aus den 1960er Jahren und dem des Bundes Heimat und Umwelt (letzte Version 2001/02) kamen noch weitere Anlagen hinzu, so dass insgesamt 294 Landschaftsgärten erfasst werden konnten, deren Existenz bislang vielfach unbekannt war. Zu ihnen wurde dann gezielt nach weiterem Material gesucht, wobei im Mittelpunkt die Vereinigten Adelsarchive im Rheinland standen, die zahlreiche Pläne einzelner Anlagen enthalten.

Es ist außerordentlich zu bedauern, dass die vollständige Dokumentation der 294, alphabetisch geordneten Anlagen nur in Form einer DVD dem Buch beigefügt wurde, die in einigen Jahren voraussichtlich nicht mehr lesbar sein wird (420 S.). Die Navigation auf der DVD ist umständlich, indem es von den Detailansichten der Abbildungen keine Links zurück zum Text gibt und die Textdatei nach jeder Betrachtung einer Abbildung in Vollversion neu geöffnet werden muss.

Im gedruckten Band nimmt die Auswertung der Ergebnisse auf 204 Seiten den größten Teil ein. Hier wird versucht, aus dem inhomogenen Material hervorstechende Merkmale und allgemeingültige Aussagen abzuleiten. Es liegt in der Natur der Sache, dass dies schwierig ist. Um das mögliche Spektrum ganz abzudecken, gliedert die Autorin ihre Ergebnisse teils chronologisch (Die Anfänge des Landschaftsgartens, Das Ende des Landschaftsgartens im Rheinland), teils nach Gestaltungsprinzipien (Einfluss der Topographie, Strukturierung, Anteil landschaftlicher und architektonischer Elemente, Stilfragen), teils nach Bestandteilen (Ausstattung, Pflanzenverwendung) und liefert außerdem Abschnitte über Funktionen der Gärten und ihre Urheber. In diesem Teil werden ausgewählte Anlagen exemplarisch näher vorgestellt. Das verwendete Beurteilungsschema wird auch generell für die Erfassung von Landschaftsgärten empfohlen. Es sollen 1. das verfolgte Landschaftsideal, 2. die Struktur (Aufteilung), 3. die Ausstattung, 4. die Vorbildwirkung andere Gärten, 5. die Pflanzenverwendung und 6. die Funktion beurteilt werden (S. 259f). Dies leuchtet ein. Ob „Raster-Modell“ hierfür eine treffende Bezeichnung ist, sei dahingestellt.

Es sind zahlreiche historische Pläne und heutige Bestandsfotos abgebildet. Die im Buch abgebildeten Gartenentwürfe von Gottfried Laurenz Pictorius, Joseph Biarelle, Joseph Clemens Weyhe, B. Dahs, Rudolf Rausch, Julius Bouché, Friedrich Schulz und Julius Trip seien hervorgehoben. Andere hochinteressante Pläne sind nur auf der DVD zu finden. Die Bestandsfotos, vom Fotografen des Amts für Denkmalpflege im Rheinland angefertigt, sind wenig herausragend.

Der Anhang enthält Nachweise, Register und Karten mit der Lage der erfassten 294 Gärten. Die Biographien der relevanten Personen sind auf die DVD verbannt.

Das gut lesbar geschriebene und großzügig, wenn auch nur zur Hälfte gedruckte Werk ist eine grundlegende Studie über rheinische Gärten und liefert darüber hinaus wesentliche Anhaltspunkte über Gartenerfassungsprojekte im Allgemeinen.

Clemens Alexander Wimmer

Hombach, Rita: Landschaftsgärten im Rheinland : die Erfassung des historischen Bestands und Studien zur Gartenkultur des "langen" 19. Jahrhunderts. Worms : Werner, 2010. - 328 S. : Ill., Kt. + 1 DVD (Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland ; Bd. 37). - 59,- Euro