Hajós, Géza (Hrsg.): Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien (Wien 2006)

Laxenburg ist in der Kunst- und Gartengeschichte bisher vernachlässigt worden und hat auch touristisch sehr im Schatten der anderen kaiserlichen Anlagen wie Schönbrunn und Belvedere gestanden. Dies wundert nicht. s gibt keine eindrucksvollen Schlösser, die Gesamtanlage erscheint ungeordnet und wenig markant, der riesige Park als eine beliebige Mischung von Gehölzen, Rasen und etwas Wasser, in der unverständlich ein paar Gartengebäude aus ferner Zeit stehen. Die Gartendenkmalpflege hat hier noch keinen Ruhmesblätter vorzuweisen. Es lässt sich hier kein Werk eines bekannten Künstlers wie Lukas v. Hildebrandt oder Domenique Girard festmachen, weder Maria Theresia noch Sissi haben hier auffällige Spuren hinterlassen. Allenfalls wird in der Literatur ein Plan des jungen Lenné für Laxenburg erwähnt, der allerdings nicht verwirklicht worden ist. Der Rest der Geschichte verteilt sich, so scheint es, auf Nebenfiguren, unbedeutende Herrscher, Schlosshauptleute und uninteressante Übergangsepochen, die eher peinlich als einer ernsthaften kunsthistorischen Forschung würdig sind.

Wer die Geschichte wie Géza Hajós indes genauer und vorurteilsfrei betrachtet, kommt zu anderen Ergebnissen. Laxenburg war immer ein Hauptsitz der Habsburger, manchmal sogar der Lieblingssitz, auf den die meisten Ambitionen gerichtet waren, und wurde auch in der Öffentlichkeit als herausragende Sehenswürdigkeit empfunden. Dies war insbesondere der Fall in der Zeit der Kaiserin Marie Therèse (reg. 1792-1807), deren Namen zur Unterscheidung zu ihrer Großmutter in der französischen Namensform angegeben wird.  Als Bauherrin wurde sie bisher kaum wahrgenommen. Nun wird ihr nachgewiesen, dass sie für die Gestaltung weiter Parkteile verantwortlich war, während ihr Gemahl Franz II. sich um die Umgebung der neugotischen Franzensburg kümmerte. Diese Periode, die Hajós auch in seinem Buch „Romantische Gärten der Aufklärung“ besonders interessierte, steht im Mittelpunkt des Buches.

Die Vorgeschichte Laxenburgs ist allerdings nicht weniger interessant. Noch bis etwa 1750 war Laxenburg eine mittelalterlich anmutende Hofhaltung, wo der regelmäßig seinen Wohnsitz wechselnde Fürst im Frühjahr weilte, umgeben von seinem Hof. Das altertümliche kaiserliche Schloss stand als primus inter pares zwischen diversen Adelssitzen, die sich so, wie es der Zufall ergab, zu einer Ansiedlung gruppierten. Größere oder bedeutende Gärten waren nicht vorhanden, der ungegliederte Wald schloss unmittelbar an den Schlossbezirk an. Die Frage, warum sich am Habsburger Hof diese antiquierte Enklave so lange halten konnte, während doch seit den 1690er Jahren die Adelskultur in Wien einen ungeheuren Modernisierungsschub erfuhr, wäre eine eingehendere Untersuchung wert. Die Erkenntnisse der aktuellen Residenzforschung und insbesondere die Arbeit von Cornelia  Jöchner, Die schöne Ordnung und der Hof  (Weimar 2001) könnte man hier verwenden.

Seit den 1750er Jahren gab es dann intensive Bemühungen, mit dem mittelalterlichen Ensemble in Laxenburg gründlich aufzuräumen und barocke Ordnung hineinzubringen. Dies macht Hajós anhand einer Reihe zum Teil sehr schöner Entwürfe deutlich, die wohl überwiegend zum ersten Mal abgebildet werden, leider nicht groß genug. Die Versuche, die Anlage an einer einzigen Achse aufzufädeln, blieben im Ansatz stecken. Einige Gebäude wurden halbwegs symmetrisch zu einer städtebaulichen Zufahrtsachse gestellt, die in einem halbkreisförmigen Platz endete. Gehölzwände verbargen die verbliebenen Altbauten am Parkanfang, zu deren Abriss man sich nicht entschließen konnte. Mangelnde Abstimmung der Teilplanungen verhinderte offenbar auch, dass die städtebauliche Achse in den Park weitergeführt werden konnte. Von dem halbkreisförmigen Platz wurde eine Achse schräg weitergeführt, doch war es nicht die Mittelachse des Parks. Diese befand sich weiter rechts hinter dem alten Schloss, ohne einen eigentlichen Anfang zu haben. Das Gelände jenseits des Platzes war und blieb ein Waldpark. Ein Garten, der ebenfalls als Kompromiss wirkt, entstand auf der linken Straßenseite hinter dem Blauen Hof auf hinzu erworbenen Privatflächen. Diesem galten interessante Erweiterungspläne des Hofarchitekten v. Hohenberg, die noch um 1775 „barock“ oder eher klassizistisch, jedenfalls ganz und gar nicht landschaftlich waren. Ihre Analyse steht noch aus. Man könnte fragen, warum Joseph II., der ja keineswegs ein unmoderner Monarch war, sich dem damals hochaktuellen Landschaftsgarten verschloss. Oder hatte Maria Theresia hier noch das Sagen? Ein Vergleich mit der geometrischen Gartenkunst der Zeit in Frankreich, die Iris Lauterbach untersucht hat, wäre lohnend.

In den 1780er Jahren ließ Joseph dann durch Isidore Ganneval (Canevale) eine maßvolle Verlandschaftung des Waldparks vornehmen, wobei zwischen den barocken Alleen schlichte landschaftliche Grünräume entstanden, eine ebenso vornehme wie klassische Lösung, die dem Charakter Josephs genau entsprechen dürfte. Hajós findet sie eher halbherzig und „konservativ“. Er verweist auf das auffällige Fehlen landschaftlicher Wege, das vielleicht ein Indiz für Einfachheit und Naturverbundenheit ist.

Nun erst beginnt die Zeit, die im Mittelpunkt des Buches steht. 1794 löste Franz II. Laxenburg aus der Hofverwaltung und unterstellte es seiner Privatschatulle, ein untrügliches Zeichen für den nunmehr herausragenden Stellenwert. 1795 entstand der klassizistische Condordiatempel und seit 1797 eine Reihe „kurioser Staffagebauten“, darunter ein Fischerdorf, das Haus der Laune und die Franzensburg, dem als bedeutendsten Parkbau noch zwei Folgebände gewidmet sein sollen. Das Besondere an diesem neugotischen Bau war, dass das gotische Gewand hier nicht nur eine allgemeine Stimmung beschwor, sondern konkret der Legitimation der Habsburger als eines alten Rittergeschlechts diente und dass er in einem „Rittergau“ genannten Parkbezirk stand, der insgesamt gotisch konzipiert war. Ahnenbilder gehörten mit in das Konzept. Auch die Habsburg in der Schweiz sollte in Laxenburg nachgebaut werden. Dieses Geschichtsprogramm ist vor dem Hintergrund der Bedrohung durch die Revolution zu verstehen. Hajós verweist auf Vorbilder neugotischer Bauten in England, Frankreich und Deutschland. In diesem Zusammenhang wäre auch an die Forschungen Michael Niedermeiers zu ganz ähnlichen Erscheinungen im Wörlitzer Gartenreich, in Gotha, aber auch in englischen und dänischen Gärten zu erinnern. Dort diente die Gotik und eine hypothetische Genealogie ebenfalls der Legitimation des Herrschergeschlechts (Jost Hermand/Michael Niedermeier: Revolutio Germanica. Die Sehnsucht nach der alten Freiheit der Germanen 1750-1820. Frankfurt a.M. 2002).

Nachdem die wilde Zeit um 1800 vorbei war, kehrte nach 1810 in Laxenburg wie auch anderswo ein ruhigerer Stil ein, der als Biedermeier bezeichnet wird. 1814 zeichnete Lenné seinen bekannten, kürzlich wiederentdeckten Laxenburg-Entwurf. Hajós lobt seine künstlerische Qualität, relativiert ihn aber zugleich, indem er ihn in den Zusammenhang mit anderen Laxenburg-Entwürfen dieser Jahre stellt, wodurch Lennés Leistungen nicht mehr so einzigartig erscheinen, wie wenn man sie außerhalb ihres Kontexts betrachtet. Charakteristisch für diese Periode ist der Umbau des Hauses der Laune in ein elegantes Gartenhaus. 1827 sandte Rudolf Rothe (1802-77), der spätere dänische Hofgärtner, einen kritischen Bericht von seiner Gesellenreise an Lenné nach Potsdam. Auf dieses Manuskript und andere Laxenburgberichte im Lennénachlass hatte Rezensent hingewiesen. Sonst geschah wenig neues, der Park kam aber zur Reife und wurde zu einem gern gewählten Sujet der Künstler. Kein österreichischer Park wurde so oft abgebildet wie Laxenburg. Ein umfangreiches, reich illustriertes Kapitel von Hajós ist daher der Darstellung der Anlage in der Grafik gewidmet.

In der wichtigsten Zeit 1799-1849 hatte der Schlosshauptmann Riedl das Sagen, und der Titel Hofgärtner wurde nicht vergeben. Dennoch sollten die Laxenburger Gärtner nicht übersehen werden. Genannt wird z.B. Rauch, der in den 30er Jahren in England gewesen und Mitarbeiter an Loudons Encyclopedia of Gardening gewesen sein soll (S. 148). Geht man dieser Spur nach, so findet sich, dass Karl Rauch aus Laxenburg 1828-37 Beiträge für Loudons The Gardener’s Magazine schrieb. Karl wurde (S. 135) bereits von Franz II. eingestellt. Der Englandreisende ist also offenbar nicht Franz Rauch, wie August Czullik (1895) angibt, da Franz Rauch erst 1862 als Hofgärtner nach Laxenburg kam (S. 134). Franz dürfte der Sohn von Karl sein. Der 1835 aus Altersgründen ausgeschiedene Stephan Rauch (S. 330) wiederum könnte der Vater von Karl sein. Das Register nennt noch einen vierten Rauch. Klarheit würde eine komplette Liste der Laxenburger Gärtner mit Lebens- und Dienstzeiten schaffen.

1838 entstand unter Kaiser Ferdinand noch ein neugotisches Gartenhaus auf der Marianneninsel (Abb. 182), das nur kurz erwähnt wird. Die kürzlich erstellte umfangreiche Dokumentation seiner Ruine soll offenbar separat publiziert werden.

Unter Franz Josef begann der Niedergang, besonders nach der Unterstellung unter die Bauverwaltung 1865, wie Hajós nicht ohne Blick auf die Gegenwart vermerkt. Der Chronist „C.S.“ von 1910 (S. 149) ist übrigens Camillo Schneider.

In einem Exkurs befasst sich Elena Holzhausen mit der Vorbildwirkung des Parks im belgischen Schoonenberg (heute Laeken) für Laxenburg. Wenn direkte Übernahmen auch nicht nachweisbar sind, kann ein indirekter Einfluss nicht von der Hand gewiesen werden, da nachweislich Kontakte bestanden und Künstler aus Belgien nach Laxenburg kamen. Die Veröffentlichung der Pläne und Ansichten Laekens, darunter ein Entwurf von Lancelot Brown, alle in Wien aufbewahrt, ist auch für die internationale Gartengeschichte sensationell.

Lieselotte Hanzl-Wachter behandelt die Staffage- und Lustgebäude der Periode Franz II. im einzelnen. Als besonders originell kann der Turnierplatz gelten, dessen gotische Zuschauertribüne sich bis heute erhalten hat.

Annedore Brock bespricht in einer scharfsinnigen Studie, einem Auszug ihrer Dissertation, das Haus der Laune näher und stellt in diesem Zusammenhang die Bauherrin Marie Therèse vor. Sie rehabilitiert sie von dem Vorwurf der Unbildung und Vergnügungssucht, erörtert den Sinn des Spiels und den Rückzug der Fürsten ins Private als Zeiterscheinung und erklärt die Modernität der vom Irrationalen geprägten Frühromantik als Reaktion gegen die Rationalität der Aufklärung.

Erfreulicherweise hat der Herausgeber auch einen Beitrag der Sparte Landschaftsarchitektur in das Buch integriert. Der letzte Beitrag von Edit Bódi verschafft einen systematischen Überblick über den Park nach seinen Entwicklungsbereichen (hierzu ein anschaulicher Plan S. 228-229) und den gegenwärtigen Pflanzenbestand. Die überlieferten Angaben zum historischen Pflanzenbestand wurden jedoch nicht genügend ausgewertet. Eine Chance der Auswertung hätten die Gehölzverzeichnisse bieten können, welche zumindest für die Jahre 1841, 1845 und 1861 vorliegen. Bódi hat sie zwar seitenlang transkribiert, aber weder kommentiert noch die damalige Nomenklatur erläutert. So kommen manche Ungenauigkeiten vor: Es wäre z. B. eine Angabe wie „Robinia garagana“ (S. 283) dahingehend zu erläutern, dass es sich um eine Verballhornung von Robinia caragana handelt, welche heute Caragana aborescens heißt. Eine dem heutigen Stand der Forschung entsprechende Darstellung hätte die Charakteristika der Pflanzenverwendung in den verschiedenen Epochen ebenso herausarbeiten müssen wie die Geschichte der bedeutenden Gewächshauskultur in Laxenburg.

In einem Anhang von Michaela Schober sind die Quellen ausführlich angegeben, wobei die Form umfangreicher Zitate und Inhaltsangaben in chronologischer Ordnung von 1750 bis 1914 gewählt wurde.

Wie schon der Vorgängerband des gleichen Verlages über den Garten von Eisenstadt beweist die Publikation, dass bedeutende Gärten durchaus umfangreiche Monographien rechtfertigen. Trotz Mängeln in puncto Pflanzengeschichte handelt es sich bei dem exzellent gedruckten und farbig illustrierten Buch um eine der bemerkenswertesten Neuerscheinungen in der deutschsprachigen Gartengeschichte dieser Jahre.

Clemens Alexander Wimmer

Hajós, Géza (Hrsg.): Der malerische Landschaftspark in Laxenburg bei Wien. Mit Beiträgen von Edit Bódi, Annedore Brock, Géza Hajós, Lieselotte Hanzl-Wachter, Elena Holzhausen und Michaela C. Schober. Wien : Böhlau, 2006. - 365 S. : Ill. - EUR 69,00